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Hoyerswerda – 1998

»Kuck mal, Hoyerswerda – Wojerecy«

Titelbild des Programmheftes
© Stadt Hoyerswerda

Vom 4. bis zum 6. September 1998 wurde Hoyerswerda zur pulsierenden Bühne des 7. »Tag der Sachsen«. Unter dem Motto »Kuck mal, Hoyerswerda – Wojerecy« präsentierte sich die Stadt, die nach einer wechselvollen Geschichte erst nach der deutschen Wiedervereinigung erneut Teil des Freistaates Sachsen wurde, von ihrer besten Seite.

Rund 436.000 Besucher, deutlich mehr als die erwarteten 300.000, feierten drei Tage lang ein Volksfest der Superlative, das »alle Erwartungen weit übertroffen« hatte, so Organisationsleiter Stefan Skora in einer Bilanz am 8. September 1998 in der Sächsischen Zeitung.

Für Autofahrer standen an den Zufahrtsstraßen 70.000 Parkplätze zur Verfügung. Von dort aus verkehrten von 7 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts Pendelbusse in die Stadt. Die Benutzung der Shuttlebusse war mit dem Serviceheftchen für 5 Mark gratis. Günstig war die Anreise nach Hoyerswerda mit dem ÖPNV. So kostete eine VVO-Tageskarte für Familien 20 Mark, ein Einzelfahrschein 14 Mark. Die Bahn hatte Sonderzüge unter anderem ab Dresden, Leipzig und Görlitz im Einsatz.

Die feierliche Eröffnung des Festes erfolgte durch Erich Iltgen, den damaligen Landtagspräsidenten und Präsidenten des Kuratoriums »Tag der Sachsen«. Zu den prominenten Besuchern gehörten auch Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sowie Wirtschaftsminister Kajo Schommer, die sich auf Veranstaltungen mit Bürgern und Vertretern der sächsischen Vereine austauschten.

Musikalischer Höhepunkt des ersten Tages war das Eröffnungskonzert der Neuen Lausitzer Philharmonie, der Auftritt der legendären Band »Münchener Freiheit« sowie die »Nacht des Deutschen Schlagers« mit bekannten Künstlern wie Tony Marshall, G.G. Anderson und Vicky Leandros.

Insgesamt sorgten 650 Vereine auf 23 Bühnen mit über 315 Stunden Programm für beste Unterhaltung. Die thematisch strukturierten Veranstaltungsflächen, etwa die beliebte »Schlemmermeile« in der Elsterstraße oder der Mittelaltermarkt, luden die Gäste zu einem abwechslungsreichen Streifzug durch sächsische Kultur und Kulinarik ein. Besonders beliebt waren kulinarische Spezialitäten: Drei Ochsen namens Michael I., Gerhard II. und Uwe III. wurden eigens für das Fest gebraten, und rund 300.000 Liter Bier fanden ihre durstigen Abnehmer. Neben traditionellen Angeboten, wie Bratwürsten und Erbsensuppe, erfreuten sich auch moderne Trends großer Beliebtheit, etwa ein Wettbewerb um den »Golden Driver Drink«, bei dem 35 sächsische Barmixer alkoholfreie Cocktails kredenzten.

Menschenmengen säumen eine Straße, während Pferdekutschen vorbeifahren
© Stadtmuseum Archiv

Der Sicherheitsaufwand war beträchtlich: Hunderte Polizisten, darunter berittene Einheiten aus der Polizeidirektion Bautzen und der Bereitschaftspolizei des Regierungspräsidiums, sorgten während des gesamten Festes für Ordnung und einen reibungslosen Ablauf. In den Nächten während der Feierlichkeiten zogen acht Reinigungskolonnen durch die Innenstadt und wienerten bis in die Morgenstunden die Stadt auf Hochglanz, säuberten Wiesen und Straßen von Dosen, Papier und anderem Abfall, leerten Mülltonnen. Rund 70 Mitarbeiter der Stadtreinigung waren jeweils samstags und sonntags in den frühen Morgenstunden im Einsatz.

Unbestrittener Höhepunkt war der große Festumzug am Sonntagnachmittag. Rund 4.800 Teilnehmer aus 158 Vereinen, davon 500 Hoyerswerdaer im historischen Teil, präsentierten in 39 beeindruckenden Bildern entlang einer 3,8 Kilometer langen Strecke die reiche Geschichte und das lebendige Vereinsleben Sachsens. Die damals neuen Ortsteile Hoyerswerdas gestalteten gemeinsam einen liebevoll dekorierten Wagen, um die Entwicklung der Stadt seit 1990 symbolisch darzustellen. Der MDR übertrug dieses Großereignis live.

Humorvolle Szenen prägten ebenfalls das Festbild, beispielsweise lange Warteschlangen vor den sanitären Anlagen oder der Run auf leuchtende Plastik-Teufelshörnchen, die zu einem populären Symbol des ausgelassenen Feierns wurden. Doch es gab auch Raum für leisere Töne und ernsthafte Diskussionen: Im traditionellen »Sachsenclub« wurden gesellschaftliche und politische Themen angesprochen, was dem Fest eine zusätzliche Tiefe verlieh.

Der damalige Hoyerswerdaer Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig zeigte sich tief beeindruckt vom Engagement der Bürger und Vereine: »Die Wurzel des Erfolges liegt darin, dass ehrenamtliches Engagement und Kreativität der Vereine, hohe Einsatzbereitschaft der Organisatoren und freiwilligen Helfer sowie die Unterstützung der Sponsoren gebündelt wurden und so ein Fest von Bürgern für Bürger gestaltet wurde.« Dieser Gemeinschaftssinn war spürbar und wurde auch dadurch sichtbar, dass Infrastrukturprojekte wie eine temporäre Brücke der Bundeswehr und Sanierungsmaßnahmen in der Stadt durch eine Million Mark Unterstützung des Freistaates und zusätzliche Eigenmittel ermöglicht wurden.

Frauen in farbigen Trachtenkleidern tanzen auf einer Bühne
© Gerd Fügert

Eine besondere Erinnerung bot die offizielle Sonderprägung zum Fest, erhältlich in Feinsilber und Feingold, die typische Hoyerswerdaer Wahrzeichen wie das Alte Rathaus, die Johanneskirche und den Sorbenbrunnen zeigte.

Ein besonderer Akzent lag 1998 auf der sorbischen Kultur, die erstmals sichtbar und aktiv in das Festgeschehen eingebunden wurde. Sorbische Tanz- und Trachtengruppen präsentierten traditionelle Bräuche und Handwerke, während Besucher typische Lausitzer Spezialitäten wie die beliebten sorbischen Quark- und Fettstullen probieren konnten. So wurde der Tag der Sachsen zugleich zu einer Feier der kulturellen Vielfalt Hoyerswerdas.

Rückblickend betrachtet war der »Tag der Sachsen« 1998 in Hoyerswerda nicht nur ein herausragendes Ereignis, sondern setzte auch Maßstäbe für nachfolgende Feste. Die Veranstaltung stärkte den Zusammenhalt der Stadtgemeinschaft, förderte die Integration der Ortsteile und positionierte Hoyerswerda nachhaltig positiv im Bewusstsein Sachsens und darüber hinaus. Selbst heute, nach fast drei Jahrzehnten, wird dieses einzigartige Wochenende noch immer als Meilenstein in der jüngeren Geschichte der Stadt und ihrer Menschen in Erinnerung bleiben.

Fakten zum »Tag der Sachsen«

  • 650 Vereine
  • 555 Stände
  • 23 Bühnen
  • knapp 4 km langer Festumzug mit 158 Vereinen, 4.800 Teilnehmern
  • und 39 beeindruckenden Bildern
  • 436.000 Gäste
  • 15.902 verkaufte Festplaketten
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